Fashion Revolution: Nachhaltige Rohstoffe in der Textilindustrie

Jeder hat schon mal von Elasthan, Polyester oder Polyacryl gehört bzw. hat diese Begriffe in seinen Kleidungsstücken schon mal gelesen. Doch sind diese Stoffe in unserer Kleidung nachhaltig? Welche nachhaltige Rohstoffe gibt es in der Textilindustrie und warum sind diese nachhaltig?
Darüber werde ich dich heute informieren und auch ein klein wenig auf genutzt Chemikalien eingehen. Diese werden jedoch im Detail im nächsten Blogpost angesprochen.

BeitragsbildFashion Revolution Week: Nachhaltige Rohstoffe in der Textilindustrie- Steine

Vielleicht denkst du, dass viele Stoffe in der Textilbranche doch nachhaltig sind, weil sie, wie z. B. Baumwolle, ja nachwachsen. Doch die Frage, die sich stellen sollte, ist, unter welchen Bedingungen die Rohstoffe nachwachsen und wie sie gewonnen werden. Wenn wir das verstehen, werden wir merken, dass einige Rohstoffe oder die Gewinnung dieser eben nicht so nachhaltig sind, wie wir denken.

Generell können Textilien aus Naturfasern oder aus Chemiefasern hergestellt werden. Chemiefasern werden wiederum zum größten Teil aus Erdöl oder Erdgas hergestellt. Es gibt jedoch auch Chemifasern, die aus Naturstoffen hergestellt werden, wie ich dir nachher zeige. Aber lass uns erstmal auf die wichtigsten nachhaltigen Rohstoffe der Textilbranche eingehen.

Baumwolle/ Bio- Baumwolle

Baumwolle finden wir heute in so viele Kleidungsstücken, sei es Bio- Baumwolle oder konventionelle Baumwolle. Nicht umsonst ist Baumwolle weltweit die beliebteste Naturfaser und hat einen Anteil von 38% an der Weltfaserproduktion.
Aber wusstest du, dass für die Herstellung von 1kg konventioneller Baumwolle bis zu 20.000 Liter Wasser verbraucht werden? Weiterhin werden 25 % der weltweit eingesetzten Pestizide im konventionellen Baumwollanbau verwendet. Alleine in den USA wird 86% der Baumwolle gentechnisch manipuliert angebaut, was dadurch begründet wird, dass die Baumwollpflanze äußerst empfindlich ist für Schädlinge, denn es gehen immerhin ca. 50% der Welternte durch Parasiten und Krankheiten verloren.

Baumwollzweig
©pixabay.com/Erbs55

Der erste und unter Verbrauchern wohl bekannteste Schritt in Richtung nachhaltige Mode ist die Umstellung auf Bio-Baumwolle, da diese diverse Voraussetzung und Anforderungen erfüllen muss. Wie ich in meinem letzten Post geschrieben habe, werden im Produktionsprozess von Biobaumwolle keine Pestizide, chemische Dünger oder Insektizide eingesetzt, die das Grundwasser und Erde belasten würden. Außerdem müssen die Bauern darauf achten keine Monokulturen zu züchten und es wird KEIN genmanipuliertes Saatgut eingesetzt. Laut dem Umweltinstitut München e.V. bewahrt man mit dem Kauf eines einzelnen Bio-Baumwolle T-Shirts ganze sieben Quadratmeter Anbaufläche vor Pestiziden und künstlichem Dünger. Wenn die Biobaumwolle per Hand geerntet wird, so wird das Produkt nicht nur schonender geerntet, es schützt auch den Boden und die Umwelt, denn es müssen keine Entlaubungsmittel genutzt werden.

Entlaubungsmittel oder auch Herbizide genannt, werden u. a. bei der Ernte von Baumwolle, Sojabohnen und Tomaten eingesetzt. Als Entlaubungsmittel wurden oder werden zum Beispiel Natriumchlorat, Calciumcyanamid, Natriumpolyborate wie Dimethipin verwendet. Natriumchlorat wird größtenteils als Bleichmittel in der Papierindustrie verwendet und ist auch für die Textilindustrie geeignet. Chlorate und viele andere Entlaubungsmittel sind jedoch innerhalb der EU als Wirkstoffe in Pflanzenschutzmitteln nicht mehr zugelassen und das sicher nicht ohne Grund.

Lenzing Modal®

Lenzig Modal ist nachhaltig produziertes Modal, das zu 100% aus nachhaltig bewirtschafteten Buchenwäldern besteht. Die Faser selbst ist eine künstlich hergestellte Faser auf Basis von Cellulose. Da Modal auf einem natürlich Rohstoff basiert, ist es auch hundertprozentig biologisch abbaubar. Lenzing Modal wird CO2-neutral produziert.

Hanf

Hanf braucht im Vergleich zu Baumwolle keine künstliche Bewässerung und ist daher dir die Textilproduktion ökologisch empfehlenswert. Es hat den Vorteil, dass es im Gegensatz zu Baumwolle auch auf europäischen Boden wächst und somit wesentlich energieschonender den Weg zu uns findet. Hanf hat außerdem den großen biologischen Vorteil von Natur aus relativ resistent gegenüber Schädlingen und Erkrankungen zu sein. Damit schließt sich die Notwendigkeit von Pestiziden schon grundsätzlich aus. Sie zählt zu den umweltschonendsten Fasern überhaupt. Der Anbau von Hanf benötigt weder Pflanzenschutz- noch Insektenschutzmittel und kommt mit sehr wenig Wasser aus.
Hanf ist sehr schnell wachsend und von Natur aus sehr widerstandsfähig. Ein Hanffeld erbringt dreimal soviel Fasern wie ein Baumwollfeld der gleichen Größe.

Die Fasern der Hanfpflanze weisen eine hohe Reißfestigkeit auf. Neben vielen anderen Hanf-Erzeugnissen überzeugt auch Kleidung aus Hanffaser durch ihre hohe Qualität bei gleichzeitig hervorragender Ökobilanz. Beim Tragen schützt Hanf vor UV-Strahlen und beweist sich als sehr stark und langlebig.

Bio-Wolle

Bio-Wolle stammt aus kontrolliert biologischer Tierhaltung (kbT) von Tieren, die artgerecht und im Einklang mit der Natur gehalten werden.  In der konventionellen Schafzucht werden Schafe jedoch teilweise für die Wollproduktion durch Pestizidbäder geführt, um die Parasiten zu bekämpfen. Das fällt bei Bio- Wolle weg, denn dort sind diese verboten.

Wollschaf
©pexels.com/monicore

Bio Leinen

Leinen ist eine pflanzliche Naturfaser und wird aus den Stängeln der Flachspflanze gewonnen. Leinen hat einen charakteristischen, natürlichen Glanz und wirkt feuchtigkeitsregulierend. Der kontrollierte biologische Flachsanbau (kbA) verzichtet , genau wie alle anderen Bio- Textilrohstoffe auf chemische Düngemittel und Pestizide.

Bio-Seide

Bio-Seide wird nach kbT (kontrolliert Biologische Tierhaltung) Standards produziert, was bedeutet, dass die Raupen Maulbeerblätter (oder andere Pflanzen) essen, die frei von Pestiziden sind und es wird auch auf die sonst übliche, umfangreiche Hormonbehandlung der Tiere verzichtet. Bei der Stoffverarbeitung, dem Abkochen, Zwirnen, Weben und Färben der Bioseide werden ausschliesslich gesundheits- und umweltschonende Chemikalien und Farbstoffe verwendet. Zudem ist die Kette der Zulieferer leicht nachvollziebar, weil Bio-Seide so selten ist.

In der konventionellen und auch Bio- Maulbeerseidengewinnung verpuppen sich die Seidenspinnerraupen in ihren Kokons und werden danach durch Heißdampf oder kochendes Wasser abgetötet. Dadurch bleibt der Kokon unversehrt und die Seide kann an einem Endlosfaden (bis zu 900 m) abgehaspelt werden. Die Raupen sterben allerdings bei diesem Prozess. Deshalb finde ich diese Gewinnung nicht wirklich nachhaltig. Ich würde dann eher Kleidung aus dem folgenden Rohstoff kaufen.

Wildseide

Im Gegensatz zur Bio-Seide, stammt die Wildseide oder “Tussahseide” von wildlebenden Eichenspinnern oder Tussahspinnern. Beim Verlassen des Seidenkokons hinterlässt der Falter ein Loch im Kokon, welcher dann eingesammelt wird. Die Seidenraupen dürfen ihr Leben als Schmetterlinge fortsetzen und werden zur Gewinnung der Faser nicht getötet, weshalb sich auch der Begriff “vegetarische Seide” etabliert hat. Gewebte Wildseide ist gegenüber Zuchtseide gröber, mit kleinen Erhebungen und Knötchen. Mich persönlich stört das nicht und ich finde es wirkt dann auch eher natürlich.

Peace Silk

Peace Silk aus kontrolliert biologischem Anbau wird derzeit (Stand: 1.3.2013) lediglich von zwei Produzenten weltweit hergestellt und ist ein begehrter Rohstoff für immer mehr Designer, da es sich bei Peace Silk ebenfalls um “vegetarische Seide” handelt. Allerdings wird diese nicht wild gesammelt. Die Raupen werden (idealerweise nach kbT) aufgezogen, bis sie sich verpuppen. Dann, wenn es so weit ist, schneiden Arbeiter ein kleines Loch in den Kokon und lassen die Tiere über eine Woche im Dunkeln ruhen, bis sie geschlüpft sind. Peace Silk ist genau wie die Wildseide nicht ganz so fein und fest wie industrielle Zuchtseide.

Bambus

Bambus dient neben Holz von Buchen, Fichten, Eukalyptus und Pinien als Ausgangsmaterial für Viskose. Für die Textilerzeugung wird das Viskoseverfahren verwendet, welches u. a. den Einsatz von Natronlauge und Schwefelkohlenstoff benötigt. Um den Viskosfasern dann ein Baumwolle ähnliches Aussehen zu verleihen, werden die Viskosefasern in einem Nachbehandlungsprozess gewaschen und gebleicht. Hierzu wird jedoch Chlor-freie Bleiche und chlorfrei hergestelltem Zellstoff in Europa genutzt.

Bambuswald
©pixabay.com/Pexels

Lyocell/ Tencel

Tencel wird aus Zellulose hergestellt und ist ebenfalls ein Viskose-Produkt. Während bei der Herstellung von normaler Viskose einige Chemikalien beigemischt werden, geschieht der Herstellungsprozes von Tencel mit einem ungiftigen, organischen Lösungsmittel. Dieses Lösungsmittel ist nach der Herstellung wieder verwendbar dadurch besonders nachhaltig und umweltfreundlich.
Die Abfallprodukte dienen der Energieerzeugung bei der Produktion oder werden, wie z. B. Xylit, für die Lebensmittelindustrie verwendet. Tencel ist strapazierfähiger als Baumwolle und laut seiner Ökobilanz eine gute  Alternative zur konventionellen Baumwolle.

Lenpur Viskose

Ganz anders produziert wird die Lenpur Viskose. Die Grundlage hier bildet ausschließlich Zellulose aus dem Rückschnitt von Bäumen in der Forstwirtschaft. Deshalb wird sie auch oft “Peace Viskose” genannt, da zur Herstellung kein einziger Baum oder Bambus gefällt werden muss. Die Gewinnung er Zellulose findet wie auch bei Tencel mikroorganisch und ohne chemische Zusätze statt.

Aber das wichtigste und interessanteste zuletzt: Die Lenpur-Faser hat mit 99,8% eine höhere Naturreinheit als handgepflückte Baumwolle, bei gleichbleibend hervorragenden Funktionseigenschaften.

Seacell

Kleidung aus Seacell habe ich persönlich noch nie gesehen. Seacell wird aus Algen gewonnen. Algen haben  einen hohen Anteil an verschiedensten Spurenelementen, Kohlenhydraten, Fetten und Vitaminen. Beim Tragen dieser Kleidung sondert diese die Nährstoffe an den Körper ab. Zusätzlich soll durch die Algenextrakte die Produktion von Glucoseaminoglucanen im Körper angeregt werden, die einerseits die Heilung von Entzündungen der Haut beschleunigen und die andererseits die Haut vor freien Radikalen schützen. Seacell Kleidung werde daher auch als Kleidung mit Anti-Aging-Effekt bezeichnet.

Tyvek

Tyvek wurde von dem Modellabel Luxaa entwickelt. Es verfügt über Anti-Pilling- und Anti-Verfilzen-Eigenschaften, ist zu 100% recyclebar und antiallergen. Tyvek kann bis zu fünf mal zu neuem Tyvek recycelt werden, das bei der Herstellung eingesetzte Wasser wird dabei viele Male wiederverwendet. Nach seinem Tyvek-Leben wird das Material z. B. zu Schutzhelmen verarbeitet. Luxaa bietet sogar ein Rücknahmesystem für seine Tyvek-Produkte an und sorgt für ein entsprechendes Recycling.

Das Unternehmen Bleed aus Bayern nutzt Kork als Ersatz für Leder.

Korkplatte
©pixabay.com/maja7777

Das waren natürlich noch nicht alle nachhaltige Rohstoffe, die es gibt, denn auch Soja, Ananas oder auch Milkfibers (Polylactid) können für die Textilproduktion genutzt werden. Jedoch sind die genannten, diejenigen, die am häufigsten genutzt werden.

Wenn ihr noch mehr zu dem Thema Rohstoffe wissen möchtet, dann lasse ich euch noch ein paar Links da. Dort findet ihr auch teilweise nochmal Informationen zu zusätzlichen Zertifizierungen:

Utopia über veganes Leder

Utopia über Kleidung der Zukunft 

Umweltberatung Österreich

VCI 

Greendelicious zum Thema Peace Silk 

Lexikon der Nachhaltigkeit

Ein Gedanke zu „Fashion Revolution: Nachhaltige Rohstoffe in der Textilindustrie

  1. Sehr cool, dass du mit deinem Blogbeitrag mal Klarheit darüber schaffst, was es überhaupt für nachhaltige Rohstoffe gibt und welche für Kleidung verwendet werden können. 🙂 Ich denke das der Trend von fairer Kleidung kaum zu übersehen ist. Man merkt, dass immer mehr Unternehmen bewusst wird, dass Kunden heutzutage mehr Wert darauf legen, unter welchen Bedingungen ihre Kleidung hergestellt wird. Vorbei sind die Zeiten von Fast Fashion und dem Wille, so viel Kleidung wie möglich zu einem günstigen Preis kaufen zu können. Einige Rohstoffe die du erwähnst, hatte ich bis jetzt gar nicht auf dem Schirm. Ich persönlich kaufe viel Kleidung aus biologischer Baumwolle bei Unternehmen, bei den ich sicher sein kann, dass die Kleidung unter fairen Bedingungen produziert wurde und ausschließlich umweltfreundliche Rohstoffe verwendet wurden. Weist du, ob biologische Baumwolle automatisch auch GOTS zertifiziert ist? Meiner Meinung nach ist dieses Siegel sehr bekannt und vertrauenswürdig. Was hältst du von GOTS?

    https://www.greenality.de/blog/was-ist-gots/

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