Wie bereits letzte Woche angekündigt, möchte ich euch heute über die Siegel und Zertifizierungen aufklären, die es in der Fair Fashion Industrie gibt. Am Besten bringt ihr ein paar Minuten Zeit mit, wenn ihr den folgenden Post lest 😉 Ihr könnt aber auch gerne wiederkommen, falls euch das zu viele Informationen auf einmal sind.
Da es sich um eine Menge Informationen handelt, mag der Text auch ein wenig trocken sein, aber so sind Fakten nun mal…
Siegel und Zertifizierungen der Fair Fashion
Bei den verschiedenen Siegeln und Zertifizierungen geht es nicht nur um faire Arbeitsbedingungen, sondern auch um Rohstoffe und nachhaltige Produktions- und Lieferketten. Ich habe mich im Folgenden bewusst auf die wichtigsten Labels bzw. Zertifizierungen konzentriert. Es gibt noch einige mehr, deren Aussagekraft, aber vielleicht nicht so hoch ist, wie von den genannten.
Global Organic Textile Standards (GOTS)
Das GOTS Siegel ist das aussagekräftigste Siegel meiner Meinung nach. Wenn ihr dieses Siegel auf einem Kleidungsstück seht, dann könnt ihr es mit ruhigem Gewissen kaufen.
Das Label zeichnet eine umweltfreundliche und transparente Produktionskette aus. Das fängt mit der Herstellung und Konfektion an und geht über die Verpackung und Kennzeichnung, bis zum Handel bzw. Vertrieb. Es gibt zwei verschiedene Kennzeichnungsstufen:

„ GOTS Organic“ bedeutet, dass das Kleidungsstück zu mind. 95% aus biologisch erzeugten Naturfasern und max. 5% synthetischen Fasern oder Viskose hergestellt ist.
„Hergestellt aus xx% kontrolliert biologisch angebauter Naturfaser“, bedeutet, dass mindestens 70% des Produkts aus kontrolliert biologischen Naturfasern.
Generell wird keine gentechnisch veränderte Baumwolle genutzt. Falls chemische Zusatzstoffe genutzt werden wie z. B. Farbstoffe, dann müssen diese diverse strenge Kriterien erfüllen. Außerdem müssen bei den Arbeitsbedingungen u. a. folgende Kriterien erfüllt werden: sichere und hygienische Arbeitsbedingungen, keine Kinderarbeit, Mindestlohn und das Verbot von grober oder inhumaner Behandlung.
Jährliche Betriebsinspektionen sorgen dafür, dass die Standards eingehalten werden. Falls dies nicht der Fall sein sollte, dann wird dem Unternehmen das Siegel auch wieder entzogen. Falls nicht die komplette textile Kette eines Produktes zertifiziert ist, so darf das Kleidungsstück auch nicht das Label tragen. Ich habe diesbezüglich extra bei hessnatur nachgefragt.
Internationaler Verband Naturtextilwirtschaft (IVN)
Nach eigenen Angaben ist es momentan das Siegel mit den höchsten Ansprüchen an textile Ökologie. Der IVN vergibt zwei Zertifizierungen, bei denen es um unterschiedliche Dinge geht.

Zum einen haben wir die Zertifizierung für Naturtextilien. Wer diese Zertifizeriung haben möchte, muss die sozialen Mindeststandards nach den Kernnormen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO (International Labour Organisation) einhalten. Weiterhin sind gefährliche Substanzen und Schwermetalle verboten bzw. die Verwendung dieser stark eingeschränkt. Die Textilien (außer Reißverschlüsse, Knöpfe, Futter, etc.) müssen zu 100% aus Naturfasern aus „kbA“- kontrolliert biologischem Anbau oder „kbT“ – kontrolliert biologischer Tierhaltung bestehen und es dürfen maximal 5% synthetische Fasern verwendet werden.
Außerdem muss genau wie bei GOTS eine umweltfreundliche und transparente Produktionskette gegeben sein.
Die Zweite Zertifizierung ist IVN Naturleder. Das ist der einzige Standard für Naturleder in der EU. Die Richtlinie gilt, genau wie die der Naturtextilien, von den Rohstoffen (die tierische Haut) bis zum Verkauf. Das beinhaltet auch, dass die sozialen Mindeststandards der ILO gegeben sein müssen.

Es dürfen jedoch auch nicht alle Tiere für die Produktion von Leder genutzt werden. Wildlebende und vom aussterben bedrohte Tiere sind verboten. Daraus habe ich geschlussfolgert, dass es sich um Tiere aus Käfighaltung handeln muss. Ob das jetzt so gut bzw. besser ist als wildlebende Tiere, lasse ich jetzt mal außen vor.
Im Produktionsprozess dürfen keine chemischen Konservierungsstoffe eingesetzt werde und auch umweltbelastende Gerbungsverfahrung (z.B. Chromgerbung) sind verboten. Die eingesetzten Farbstoffe müssen der EU- Bioverordnung entsprechen, sowie AOX-frei (Adsorbierbare Organisch gebundene Halogene; das X wird in der Chemie allgemein als Abkürzung für ein beliebiges Halogen verwendet; wird vornehmlich zur Beurteilung von Wasser und Klärschlamm eingesetzt) und Schwermetallfrei sein. Abschließend muss bei allen Verarbeitungsstufen eine zweistufige Kläranlage vorhanden sein, um die Halogene wieder aus dem Wasser zu adsorbieren.
Fairtrade Cotton & Fairtrade Textil
Das Fairtrade Cotton Siegel gibt es bereits schon länger, aber Fair Trade Textil gibt es erst seit März 2016. Der Fokus beider Siegel liegt auf den Arbeits- und Handelsbedingungen. Was bedeutet das genau?


Die Baumwolle muss fair gehandelt werden und der biologische Anbau wird gefördert. Die (Bio-)Baumwollbauern werden geschult und gentechnisch verändertes Saatgut ist verboten. Es ist zu beachten, dass es sich hier nicht immer um Bio- Baumwolle handelt! Durch die Schulungen wird den Baumwollbauern jedoch der Weg zum Anbau von Bio- Baumwolle erklärt und sie werden dabei unterstützt ihren Anbau zu ändern.
Bei diesem Siegel gehen die sozialen Mindeststandards über die Kernnormen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO (International Labour Organisation) hinaus und es wird die komplette Produktionskette wie bei GOTS und IVN überprüft und zertifiziert.
bluesign
Der Fokus von bluesign liegt auf unserer Umwelt und auf Chemikalien. Das Unternehmen ist in der Schweiz ansässig und hat hunderte von System- Partnern wie Adidas, Nike, G-Star, deuter, Wolford oder auch Columbia (um nur einige zu nennen). System- Partner sind die Unternehmen, die einen Vertrag mit bluesign haben und aufgrund der vorgegebenen Kriterien produzieren und zertifiziert werden. Kleidungsstücke, die dieses Siegel tragen, werden möglichst ressourcenschonend produziert. Dies beinhaltet eine strenge Chemikalienregelung, sowie eine ausführliche Negativliste zu schädlichen Chemikalien

Die eingesetzten Rohstoffe und Substanzen werden hier bereits vor der Produktion kontrolliert und nicht erst, wenn das Kleidungsstück produziert wurde.
Das bluesign® system beruht auf 5 Prinzipien:
Ressourcenproduktivität
Verbraucherschutz
Gewässerschutz
Immissionsschutz
Arbeitssicherheit
Ziel des Unternehmens ist es, die Belastung für Umwelt und Mensch zu reduzieren.
Naturland
Auch Naturland legt den Fokus auf die Umwelt, aber zusätzlich auch auf die Arbeitsbedingungen.
Die Kleidungsstücke bestehen zu mind. 95% aus ökologisch erzeugten Naturfasern (außer Reißverschlüsse, Knöpfe, Futter, etc.). Die genutzte Baumwolle ist kontrolliert biologisch angebaut.

Gefährliche und umweltschädliche Chemikalien sind verboten, genauso wie bestimmte gesundheitsgefährdende Substanzen.
Die Kriterien für dieses Siegel gehen weit über die EU-Bio-Verordnung hinaus und auch die sozialen Mindeststandards nach Kernnormen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO (International Labour Organisation) müssen gegeben sein.
Fair Wear Foundation (FWF)
Der Fokus der FWF liegt auf der Verbesserung der Arbeitsbedingungen, vorallem in Entwicklungsländern.

Die Unternehmen, die von der FWF zertifiziert werden, müssen den FWF Arbeitsverhaltenscodex „Code of Labour Practices“ (basiert auf den Kernnormen der Internationalen Arbeitsorganisation) einhalten.
Bei der Fair Wear Foundation handelt es sich um eine unabhängige Organisation, die 1999 in Amsterdam gegründet wurde. Sie engagiert sich in Ländern wie Bangladesh, China, Indien und der Türkei. In Zusammenarbeit mit Unternehmen und Fabriken versucht die Fair Wear Foundation, die Bedingungen der Textilarbeiter zu verbessern. Darunter fallen u. a. die Begrenzung der Arbeitszeit, Versammlungsfreiheit und das Recht auf Tarifverhandlungen, sowie gesunde und sichere Arbeitsbedingungen.
Es gibt jedoch auch Kritik an der Organisation, denn es bleibt unberückstichtigt, ob es sich bei den eingesetzten Rohstoffen um Biobaumwolle oder synthetische Fasern handelt, und zu welchen Bedingungen die Stoffe hergestellt wurden, die in die Produktion gehen. Ein Vorfall aus dem Jahr 2012 zeigt diesen Kritikpunkt auf: Takko hatte das Fair Wear Siegel. Doch es kam heraus, dass die Kleidung in einem Gefängnis produziert wurde. Takko hatte Aufträge an Hersteller gegeben, die diese wiederum an Subunternehmer weitergegeben hatte. (Quelle: https://utopia.de/0/produktguide/siegel/fair-wear-foundation-207 , Stand: 08.04.2017)
Ende 2015 waren hatte FWF 90 Mitglieder mit über 130 Marken. Die bekanntesten waren u. a. armed angels, deuter, hessnatur, Jack Wolfskin, takko und schöffel.
So und nun das letzte Label:
Öko- Tex
Viele von euch werden bestimmt das folgende Siegel schon oft gesehen haben.

Öko- Tex ist ein unabhängiges Prüf- und Zertifizierungssystem. Das Siegel “nach Öko- Text Standard 100” sagt jedoch nur aus, dass die Kleidung auf Schadstoffe getestet wurde. Ziel ist es also dem Käufer die gesundheitsschädliche Unbedenklichkeit eines Textilproduktes zu bescheinigen. Auch z. B. Knöpfe und Reißverschlüsse werden auf diese Unbedenklichkeit getestet. Es sagt jedoch nichts über die verwendeten Rohstoffe oder die soziale Verantwortung der Unternehmen aus. Es ist noch anzumerken, dass die Vorgaben bei anderen Labels viel strikter sind und diese daher bevorzugt werden sollten.

Zusätzlich gibt es noch den Öko- Tex Standard STeP (Sustainable Textile Production, also nachhaltige Textilproduktion), der nachhaltige und sozial verantwortliche Produktionsbedingungen zertifiziert.

Wenn ein Unternehmen beides erfüllt, also eine schadstofffreies Produkt und nachhaltige sowie sozial verantwortliche Arbeitsbedingungen, dann können nach der Überprüfung die Produkte mit Öko- Tex “Made in Green” gelabelt werden.
So nun verdaut erstmal diese ganzen Informationen. Wenn ihr Fragen habt oder weitere Informationen benötigt, dann lasst es mich gerne in den Kommentaren wissen.
Liebe Grüße,
Eure Esther

Ein Gedanke zu „Fashion Revolution- Siegel und Zertifizierungen der Fair Fashion“